Ein Tag auf Fanø – in Sønderho

Schon bei der Anreise wurde uns klar: Der Weg zum Festland zurück würde länger dauern.

Denn kaum waren wir an diesem Sonntagmorgen völlig ohne Wartezeit auf die Fähre nach Fanø gefahren, sahen wir auch schon die Blechlawine, die sich vor dem Anleger auf der Insel bildete. Und so war es dann auch – bis weit hinter die Ortsgrenze von Nordby stand Auto an Auto, alle auf dem Weg aufs Festland. Aber gerade angekommen, wollten wir ja auch noch nicht an den Rückweg denken – der ganze Tag lag vor uns.

Ein Tag auf Fanø.

Fanø ist die zweitnördlichste der dänischen Wattenmeerinseln und ungefähr halb so groß wie das südlich gelegenere Rømø. Mit der Fähre ab Esbjerg erreicht man Fanø in nur 12 Minuten.

Auf nach Sønderho


Wir orientieren uns gleich Richtung Sønderho, dem Dorf im Süden der Insel, das auch als Dänemarks schönstes bezeichnet wird. Der Weg führt durch die Ende des 19. Jahrhunderts angelegte Klitplantage. Es gibt etliche Parkplätze, von denen aus das Waldgebiet auf markierten Wanderwegen erobert werden kann. Auch ein Radweg führt nach Sønderho – meist parallel zur Straße.


Sønderho ist wirklich ein besonderer Ort – früher Hafenstadt, heute denkmalgeschützt.

Die kleinen Gassen, reetgedeckten Häuser und grünen Vorgärten machen dem Besucher sofort deutlich, was mit „schönstes Dorf Dänemarks“ gemeint ist. Es ist wirklich schön – aber nicht herausgeputzt und steril. Sønderho ist kein Museumsdorf, die Menschen stellen ihre Häuser nicht zur Schau, sie leben hier. Als wir im Süden der Insel ankommen, baut sich gerade eine kleine Band an der Straßenkreuzung auf und der Nebel lichtet sich. Nach und nach strahlend blauer Himmel über uns – es könnte gar nicht besser sein!

Wie kam Lord Palmerstone nach Fanø?

Vielen Besuchern wird sicher die Galionsfigur bekannt sein, die über dem Torbogen zu einem Grundstück am Landevejen thront. Um sie ranken sich zahlreiche Geschichten und Gerüchte fast mythologischen Ausmaßes.

Sicher ist, dass die Galionsfigur 1851 in der Nähe von Sønderho an Land gespült worden ist. Angeblich soll es sich hier um die Galionsfigur der kanadischen Bark „Lord Palmerstone“ handeln, die 1842 in Quebec erbaut und 1847 auf der Reise von Alexandria nach England vor Kreta verloren ging.

Aber wie ist die Figur, die den Namenspatron des Schiffes zeigt, nun von Kreta nach Fanø gekommen? Entweder sie trieb drei Jahre lang vom Mittel- ins dänische Wattenmeer – was als eher unwahrscheinlich gilt, aber eine schöne Geschichte ist – oder aber sie wurde geborgen und diente zwischendurch als Galionsfigur eines anderen Schiffes, das dann bei Fanø sank. 1945 wurde die Figur des Lords restauriert und seinen heutigen Platz gebracht.

Lord Palmerstone in Soønderho


Wir laufen hinauf zur 2011 aufgestellten Bake im Westen des Ortes.

Æ Kåver Båke ist ein 14m hoher Nachbau einer der seit Anfang des 17. Jahrhunderts aufgestellten Baken, die Schiffen den Weg nach Sønderho weisen sollten. Von hier aus hat man ein tollen Blick auf die Dünenlandschaft.


Geschichte und Hygge

In Hannes Hus können Besucher sich ein authentisches Bild davon machen, wie Seeleute im 19. Jahrhundert auf Fanø lebten.

Als der Mann von Hanne Sørensen von einer Fahrt nach island nicht zurück nach Hause kam, ließ sie das gemeinsame Heim quasi erstarren. Auch die Tochter änderte fast nichts im Haus und so betritt man beim Besuch von Hannes Hus direkt das 19. Jahrhundert.


Auf der Terrasse vom Café Nanas Stue machen wir Pause. Im Schatten eines Baumes bestellen wir Bier aus dem Fanø Bryghus, Bakskuld und Stjerneskud. Die Livemusik an der nächsten Straßenecke, der blaue Himmel, kühles Bier, feine Leckereien – es ist großartig! Und danach ein Softeis – gleich nebenan.

Hunde aus Porzellan

Einigen Besuchern werden die Porzellanhunde auffallen, die in vielen Fenstern des Dorfes – und der ganzen Insel – zu sehen sind.

Den Hunden, die immer zu zweit sind, wurde sogar ein ganzes Denkmal gewidmet: Direkt am Fähranleger schuf Poul Isbæk die Skulptur „De to hunde“. Die Porzellanfiguren brachten Seeleute von England mit – aber nicht nur auf Fanø war das eine Zeit lang geradezu state of the art. Auch in vielen anderen Nordseeanrainern sind die kleinen Hunde zu finden. Zuhause wurden die Hunde ins Fenster gestellt, als eine Art Statussymbol. . Schauten die Hunde aus dem Fenster hinaus, war der Mann wieder auf See, blickten sie ins Zimmer, war er daheim.

De to hunde – heute beliebtes Souvenir


Kurios an der Geschichte ist, dass die Porzellanfiguren in englischen Häfen des 19. Jahrhunderts auch in Freudenhäusern in den Fenstern standen. Schauten die Hunde hinaus, wussten potentielle Kunden, dass Männerbesuch erwünscht war. Schauten sie ins Zimmer, war schon jemand da.

Den Prostituierten war es verboten, Geld für ihre Dienste zu nehmen, also verkauften sie stattdessen die Figuren als Souvenir. Ob die beschenkten Frauen zuhause von der Herkunft der kleinen Figuren wussten?

Sehenswert ist auch die alte Rettungsstation am Sønderho Strandvej.

Alte Rettungsausrüstungen, Fotos, die gefährliche Einsätze und die waghalsigen Retter zeigen und natürlich ein Rettungsboot sind zu sehen. Am Eingang befindet sich eine Box für den Eintritt, also nicht vergessen, zu bezahlen!


Auf dem Sønderho Strandvej gelang man direkt zu einer der drei Strandzufahrten auf Fanø. Also was wäre wohl besser als bei diesem Wetter noch ein wenig die Füße in die Nordsee zu halten (zum Baden ist es schon zu kalt, mir jedenfalls).

Den gamle redningsstation auf Fanø


Natur pur zum Schluss

Der Tag neigt sich langsam dem Ende und wir entschließen uns, den Rest von Fanø beim nächsten, gerne auch längeren Aufenthalt auf dieser schönen Insel genau zu erkunden. Und zwar SEHR BALD.


Da aber die Schlange am Fähranleger noch immer endlos scheint, machen wir uns auf zu einer der zwei noch existierenden Vogelkojen auf Fanø. Ein kleinerer Spaziergang über ins abendliche Sonnenlicht getauchte Heidelandschaft, vorbei an etlichenTiergattern, führt uns zur Sønderho Gamle Fuglkoje.


Vogelkojen wurden auf Fanø Ende des 19. Jahrhunderts zum Fangen von Wildenten angelegt.

Vermutlich brachten Seeleute diese Methode aus Friesland und Holland mit, wo Vogelkojen schon im 17. Jahrhundert verbreitet waren.

Der Begriff Koje stammt vom niederländischen Kooi, was Falle bedeutet.

Die alte Vogelkoje bei Sonderhø wurde 1866 angelegt und war mit 6 Fangkanälen ziemlich groß. Wildenten wurden auf den künstlich angelegten See gelockt und schwammen da in die mit Netzen überspannten Fangkanäle. Eine kleine Ausstellung im Gebäude des Kojenmeisters stellt die Vogelarten der Insel vor. Vom 6m hohen Aussichtsturm hat man einen tollen Blick über die Bucht von Albue.

Heute wird die Koje vor allem für die Beringung von Wasservögeln genutzt.


Am Ende diesen fantastischen Tages stehen wir noch in der Schlange vor dem Fähranleger. Ein Seehund spielt im Hafenbecken, zur Freude aller dort Wartenden. Langsam wird es dunkel, die Lichter des Hafens von Esbjerg schimmerm zu uns herüber. Der Havnekiosk versorgt uns mit Hotdogs. Was für ein grandioser Tag!

Was ist eigentlich Bakskuld? Das erfahrt Ihr hier:



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