Wie war eigentlich das Weihnachten deiner Kindheit?

Dieses Jahr habe ich viele Menschen nach dem Weihnachten ihrer Kindheit gefragt – danach, wie ihr Weihnachten ausgesehen hat. Ob es besondere Familientraditionen gab, die für sie auch heute noch wichtig sind? Gab es zum Beispiel etwas besonderes zu essen, was auch heute noch an Weihnachten auf den Tisch kommt?

Ich habe so viele Geschichten und Anekdoten gehört – und ein bisschen habe ich das Gefühl, dass ich mir selbst damit ein Geschenk gemacht habe. Denn obwohl es fast in zu sein scheint, nicht viel Wert auf Tradition und Weihnachten zu legen, es schon bald Usus ist, sich nichts zu schenken, denn das macht ja nur Mühe und Stress scheinbar die ganze Weihnachtszeit bestimmt, war es gut zu hören, dass es eben ganz viele Menschen gibt, die das genau so NICHT sehen.

Engelsgeläut
Engelsgeläut

Das Weihnachten meiner Kindheit

Und wie war denn eigentlich das Weihnachten deiner Kindheit, wurde ich gefragt – und da will ich natürlich gerne drauf antworten.

Das Weihnachten meiner Kindheit war vor allem eins: lang. Also vor allem die Wartezeit. Angefangen mit dem ersten Dezember, an dem endlich das erste Türchen des Adventskalenders geöffnet wurde. Und auch, wenn mein großer Bruder schon am ersten Tag den gesamten Inhalt seines Kalenders verspeiste (für so viel Mut habe ich ihn immer bewundert, war ich mir doch nie sicher, ob der Weihnachtsmann dann auch wirklich kommt…), wartete ich sehr ungeduldig und öffnete jeden Tag ein Türchen.

Nikolaus war immer ein Meilenstein auf dem Weg zu Weihnachten, an dem wir drei Geschwister die größten Stiefel, die wir finden konnten, blitzeblank putzen und dann wie die Orgelpfeifen im Flur aufstellten. Tatsächlich haben wir auch immer am Nikolausmorgen etwas darin gefunden – und niemals eine Rute. Einmal – da war ich wohl ungefähr 4 oder 5 Jahre alt – da habe ich den Nikolaus auch wirklich gesehen…er hat sogar bei uns an der Haustür geklingelt und kam hinein. Was war das unheimlich! Ich habe kein Wort rausgebracht und mich strikt geweigert, vom Arm meines Vaters herunter zu kommen. Aber ich bekam einen Schokoladenweihnachtsmann – und das fand ich wieder gut!

Die Tage des Dezembers verstrichen im Schneckentempo, als Kind konnte ich kaum glauben, dass dieser Monat NICHT länger als andere war. Im Kindergarten und auch noch in den ersten Klassen der Schule wurden Geschenke gebastelt, gemalt, gebaut – die habe ich dann mit nach Hause genommen und in meinem Zimmer versteckt – aber nur solange bis ich es nicht mehr aushalten konnte und meiner Schwester vom Bild, das ich für sie gemalt habe; meinem Bruder von der beklebten Streichholzschachtel; meiner Mama von der bemalten Kachel und meinem Papa von dem kleinen Holzboot erzählen musste. Das wollte einfach raus. Geschenke, die ich anderen mache, waren schon immer so aufregend, dass ich fast platzte und mich meistens vor Übergabetermin verplapperte. Und so ist es (fast) heute noch.

 

Tannenbaum – Kerzenhalter

Endlich Heiligabend

Und dann – endlich – war der Morgen des 24. Dezember da. Die Nacht zuvor habe ich oft wach gelegen oder in wilden Träumen nichts unter dem Weihnachtsbaum mit meinem Namen drauf gefunden. Am Morgen des Heiligabends wurde bei uns zuhause das Wohnzimmer verschlossen, hier war ab sofort Eintritt verboten – was die Spannung exponentiell in die Höhe schießen ließ.

Manchmal ging ich am Vormittag mit meinem Papa zu Fuß ins Dorf – er kaufte meiner Mutter immer einen Strauß Blumen und seiner an seiner Hand hin und herzappelnden, ohne Luft zu holen plappernden, kleinen Tochter ein Stück Schokolade.

Wieder zuhause angekommen, war es immer noch Vormittag. Ein nie enden wollender Vormittag, wie mir schien.

Ich bin schon so alt, dass ich mich noch an „Wir warten aufs Christkind“ erinnere – und in manchen Jahren hatte mein Vater uns Kindern den Fernseher tatsächlich in eines der Kinderzimmer gestellt, so dass wir den Countdown bis zur Bescherung im Fernsehen verfolgen konnten. Dann endlich Mittag: es gab ganz klassisch Kartoffelsalat und Würstchen und dann waren es nur noch ein paar Stunden.

Laaaange Stunden.

In denen wurde sich noch gewaschen, geduscht, umgezogen. Vor der Kirche gab es Stollen und Kekse – völlig überflüssig, wie ich fand – jetzt könnte es doch auch endlich losgehen.

Und das ging es dann auch – der Fußmarsch zur Kirche, die zumindest an Heiligabend überquoll vor Menschen. Und wieder dauerte es sehr laaaaaaange bis endlich OH DU FRÖHLICHE gesungen wurde, im Stehen, und die Kirchenglocken läuteten. Und genau dieser Augenblick ist noch heute einer der schönsten Momente an Weihnachten – und ich finde, an Weihnachten darf man ruhig ein bisschen sentimental sein.

 

Weihnachtsstern

Fast im Galopp nach Hause

Dann versammelten wir uns vor der Wohnzimmertür, meine Mutter war hineingegangen, um nachzusehen, ob der Weihnachtsmann wohl inzwischen dagewesen ist…und tatsächlich war er es. Immer. Und erst als Erwachsener weiß man, was für ein Glück man hatte, so eine Kindheit und solche Weihnachtsfeste gehabt zu haben.

Wenn meine Mutter die Tür dann für uns öffnete, brannten alle Kerzen am Baum und das Engelsgeläut auf dem kleinen Couchtisch läutete. Daneben unsere bunten Teller – mit Apfelsine, Nüssen, selbstgebackenen Keksen und – hurra! – Dominosteinen, Marzipankugeln und Schokolade. (Die wurden manchmal getauscht und als ich klein war, versicherte mir mein Bruder, ein Tausch von EINEM Stück Schokolade gegen DREI Haselnüsse sei wirklich ein prima Tausch 🙂  )

Unter dem Baum lagen bunt verpackte Päckchen und erstmal stellten wir uns auf und schmetterten, brummten und trällerten ein paar Weihnachtslieder. Manchmal gab es auch Hausmusik – im Jahr als ich das Geige spielen anfing, war das sehr zum Leidwesen aller Anwesenden. Glaube ich.

 

Kerzenhalter

 

Bei uns zuhause gab es erst Bescherung, dann das Essen – so konnten wir das Essen – es gab immer Fondue an Heiligabend – richtig lange ausdehnen.

Der Duft des Tannenbaums und der erkaltete Dunst vom Fondue hingen noch tagelang im Haus und am ersten Weihnachtstag, wenn ich so manches Mal als Erste wach und in die Stube geschlichen war, um meine Geschenke zu bewundern, war dieser Mix aus Gerüchen besonders intensiv. So roch für mich Weihnachten – und das tut es noch immer.

Ich wünsche Euch allen frohe Weihnachten und mindestens einen OH DU FRÖHLICHE – Moment!

Eure Kapidaenin



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